Psychologie
Tipps aus der Psychologie

Die Tipps sind in folgende Kategorien unterteilt:

  Erziehung     Lernen     Denken, Problemlösen     Persönlichkeit     Interessantes

  Erziehung

Wie erreiche ich es am besten, daß mein Kind bestimmte Verhaltensweisen verstärkt / weniger zeigt?

Verhalten wird von den Konsequenzen gesteuert - ein Verhalten, das positiv belohnt wird, wird wahrscheinlich eher wieder auftreten als ein Verhalten, das bestraft wird.
Diese Konsequenzen kann man auch als Verstärker bezeichnen: Sie verstärken das vorrausgehende Verhalten entweder positiv oder negativ.
Damit Verstärker optimal wirken können, müssen sie kontingent auftreten, d.h. in konsistenter Beziehung zu dem Verhalten sein und nur auf genau das Verhalten, das man auch beeinflußen möchte.

Sollte man Kinder bestrafen - wenn ja, wie?

Die Psychologie lehnt Bestrafung fast gänzlich ab, sie sollte wenn dann nur sehr selten verwendet werden; es ist vielmehr besser, dafür zu sorgen, daß erwünschte Verhaltensweisen häufiger auftreten (sie „verstärken“) anstatt unerwünschte Verhaltensweisen zu bestrafen.
Wenn man gegenüber Kindern Gewalt und Aggressionen anwendet, hat das vielleicht kurzfristig die erwünschte Wirkung, daß das Kind die unerwünschte Reaktion schnell einstellt (wobei man natürlich sagen muß, daß dies in manchen Situationen dann doch die einzigste Möglichkeit ist), aber langfristig gesehen lernt das Kind dadurch u.a., daß Gewalt / Aggressionen eine akzeptable Möglichkeit der Kontrolle über (schwächere) Personen sind.
So kann man sich die manchmal recht absurden Szenen erklären, in denen Kinder ihre Puppen im Spiel schlagen, wenn sie nicht „gehorchen“.
Oder Kinder unterdrücken diese unerwünschten Reaktionen nur in Anwesenheit der entsprechenden Personen; übermäßiger Einsatz von Gewalt und Aggressionen führt sogar zu ernsten psychischen Problemen wie z.B. emotionalen Wunden, Haß auf best. Personen oder die „Einrichtung“, in der die Bestrafung erfolgte, u.v.a.
Wenn Bestrafung erfolgt, dann sollte sie jedoch folgende Bedingungen erfüllen (nach: Zimbardo/Gerrig: „Psychologie“, 7. Aufl., Springer- Verlag Berlin/Heidelberg, 1999):
-sie sollte zügig durchgeführt werden und von kurzer Dauer sein,
-sie sollte direkt nach der unerwünschten Reaktion erfolgen,
-das Kind muß klar merken, daß sich die Bestrafung nur auf diese Verhaltensweise und nicht auf die Person, also deren Charakter, bezieht,
-sie sollte auf die Situation beschränkt sein, in der die Reaktion auftrat,
-sie sollte nicht aus körperlicher Aggression o.ä. (Schläge,...) bestehen, eher in Benachteiligung materieller Art.

Werden Kinder vom Fernsehen, vor allem der Gewalt im Fernsehen, beeinflußt?

Ja, werden sie. Gewalt ist im Fernsehen in vielen verschiedenen Formen vorhanden, sogar schon in den „Kinderfilmen“, den Zeichentrickfilmen - dort allerdings oft in „schöne“ Formen verpackt. Kinder lernen durch das Fernsehen und dessen Gewaltdarstellung, daß Gewalt eine akzeptable Reaktions- und Verhaltensform in der Gesellschaft ist, daß Gewalt belohnt wird und verbinden mit ihr die gezeigten Eigenschaften wie Spaß, schnell, korrekt, etc.
Zudem kommt es bei ihnen zu Verzerrungen, denn sie überschätzen die Gefahr durch Gewalt im Alltag, was zu Ängsten führt. Dies wurde in einer Untersuchung bestätigt, in der in den USA Schüler, die viel, und Schüler, die wenig Fernsehen sahen, verglichen wurden. Die Schüler, die viel Fernsehen sahen, hatten viel mehr Ängste im Gegensatz zu den anderen; z.B. befürchteten sie, das jemand in das Haus einbrechen könnte oder das man ausgeraubt würde, etc.
Eine weitere Folge ist, das Kinder auch nachsichtiger gegenüber Gewalt werden, das sie sich weniger gegen Gewalt einsetzen (z.B. wenn sich andere Schüler prügeln).
„Die regelmäßige Beobachtung von Gewalt, oft in Kombination mit Humor, bewirkt eine >>psychische Abstumpfung<<, eine Betäubung sowohl der Empfindsamkeit als auch der moralischen Empörung gegenüber Gewalt im wirklichen Leben.“ (Zitat aus: Zimbardo/Gerrig: "Psychologie", 7. Aufl., Springer- Verlag Berlin/Heidelberg, 1999, S. 341)

  Lernen

Ist die Fähigkeit eines Gedächtniskünstlers angeboren? Kann ich die Fähigkeit auch erlangen?

Die Fähigkeit eines Menschen, z.B. eine lange Reihe von Zufallszahlen zu merken, ist nichts anderes als eine kognitive Leistung, also eine „Denkleistung“.
Unser Kurzzeitgedächtnis kann etwa 7 (+/-2) Einheiten merken - aber schon in unserem Alltag erleben wir ständig, daß wir uns teilweise deutlich mehr als nur 7 Einheiten merken können, z.B. kann sich jeder die Jahreszahlen 2000, 1900, 1800 merken, obwohl das eigentlich mehr als 7 Einheiten sind, nämlich 12 (jedes Jahr hat 4 Zahlen)!!
Das „Geheimnis“ liegt darin, daß man Informationen zusammenfaßt, daß man sogenannte „Chunks“ bildet. Und je sinnvoller und effektiver diese Chunks sind, umso besser und mehr kann man sich merken. Um bei dem obigen Beispiel zu bleiben: Sie haben dort Chunks gebildet, aus je 4 Zahlen wurde eine Jahreszahl. Aber folgende Reihe können Sie sich trotzdem merken, auch wenn sie wieder mehr als nur 7 Einheiten hat: 2000, 1900, 1800, 1700, 1600, 1500, 1400, 1300, 1200, 1100, 1000, 900, 800, 700, 600, 500, 400, 300, 200, 100. Warum? Weil sie diese Chunks wieder zu einem Chunk zusammenfassen können, denn diese Reihe umfasst alle 100er Jahreszahlen bis zum Jahr 2000.
Ein Gedächtniskünstler hat also durch viel Übung viele Strategien entwickelt, um Informationen schnell und effektiv neu zu ordnen, sie zu neuen Chunks zu gruppieren.

Wieso erinnert man beim Lernen Informationen mit Hilfe z.B. des Buches so leicht, und ohne Buch und andere Hilfsmittel, ganz aus dem Gedächtnis, so schwer?

Weil dies zwei unterschiedliche Methoden sind, um Informationen aus dem Gedächtnis abzurufen! Wenn man die Informationen ganz ohne Hilfsmittel oder Hilfsinformationen erinnern will, dann ist das eine sogenannte freie Reproduktion, und wenn man Hilfsinformationen hat, z.B. unter verschiedenen Lösungsmöglichkeiten die richtige auswählen muß, dann ist das die Methode des Wiedererkennens. Mit diesen Begriffen werden Sie wahrscheinlich jetzt wenig anfangen können, aber wichtig dabei ist erst einmal zu verstehen, dass das zwei völlig unterschiedliche Vorgänge sind!
In der Sprache der Psychologie ausgedrückt klingt dies so: Die freie Reproduktion ist deshalb so schwer, weil man dazu selbst an die gewünschte Information „heran muß“, man muß selbst die entsprechenden Hinweisinformationen und Reize im Gedächtnis finden, die auf diese Information zeigen.
Beim Wiedererkennen hingegen sind schon entsprechende Hinweisreize gegeben, daher ist es deutlich einfacher.
Was bedeutet dies nun genau? Am hilfreichsten ist es, wenn man sich das Gedächtnis wie ein Netz von Informationen vorstellt. Dabei gibt es Knotenpunkte, an denen jeweils eine Information sitzt. Von diesen Knotenpunkten gibt es mehr oder weniger viele Verbindungen zu anderen Knotenpunkten, und diese Verbindungen sind auch noch unterschiedlich dick. Wenn Sie nun eine Frage bekommen, und müssen eine gezielte Antwort darauf geben, so müssen Sie also in diesem Knotennetz nach der richtigen Information suchen, und diese Reise kann manchmal ganz schön langwierig und schwer sein - weil so ein Netz eben sehr gross ist, und man, um sich zurechtzufinden, so etwas wie Hinweisschilder aufstellen muss. Und diese Hinweise muss man beim sogenannten freien Reproduzieren selbst suchen (z.B.: Wie heisst die Landeshauptstadt von Hessen? ), auswerten und den richtigen Weg gehen, deswegen ist es so schwer: Es setzt nämlich voraus, dass man vorher ausreichende, gute Hinweisschilder gesetzt hat (und dies erreicht man dadurch, dass man sich ausgiebig mit einem Thema beschäftigt hat). Nun gibt es natürlich keine Hinweisschilder im Gehirn, die Hinweise sind die anderen Informationen und die Verbindungen dazwischen, je mehr Verbindungen mit der gewünschten Information verbunden sind, umso einfacher findet man sie!
Beim Wiedererkennen hat man bei der Aufgabe meist noch andere Informationen (z.B.: Ist Wiesbaden oder Berlin die Landeshauptstadt von Hessen?), so dass man nur sagen muss, welche Lösung richtig ist, die richtige Information muss also nicht gesucht werden in dem eigenen Informationsnetz.

Beim Lernen sollte man also dahin gehen, daß man die Informationen nicht nur wiedererkennen, sondern auch selbst frei reproduzieren kann!

Manchmal habe ich große Probleme, mir neue Adressen oder Nummer o.ä. zu merken - woran liegt das?

In der Psychologie nennt man das „Vergessen durch Interferenz“: Interferenz bedeutet, daß die Abrufhilfen nicht klar genug auf eine Information zeigen, man unterscheidet dabei die vorwärts- und die rückwärtsgerichtete Interferenz. Bei der vorwärtsgerichteten Interferenz machen es bereits erlernte Informationen schwer, neue Informationen zu merken, bei der rückwärtsgerichteten Interferenz erschweren neu gelernte Informationen das Abrufen von bereits gelernten Informationen.
Solche Interferenzprobleme erleben wir ständig in unserem Alltag, z.B. wenn wir neue Adressen lernen sollen, neue Telefonnummern, oder auch eine Person durch Heirat ihren Nachnahmen ändert: Da wir den alten Nachnahmen kennen, ist es am Anfang meist recht schwer, den neuen Namen zu lernen, da die „alte“ Information stört (vorwärtsgerichtete Interferenz), und wenn wir dann den neuen Namen gelernt haben, erinnern wir uns meist nicht mehr gut an den alten Namen, wenn man sich einmal daran erinnern will (rückwärtsgerichtete Interferenz).
Da Interferenz auch beim allgemeinen Lernen von Wissen auftritt, sollte man diesem Problem entgegenarbeiten, indem man in den Lernpausen nur solche Aktivitäten unternimmt, die sich so groß wie möglich von dem Lernmaterial unterscheiden, damit keine Interferenz auftritt.

Nimmt auch das Umfeld Einfluß auf das Erinnern von Informationen?

Ja, teilweise sogar erheblich, abhängig von Situation, Umfeld, etc.
In der Psychologie gibt es zahlreiche Experimente, die belegen, daß die Erinnerungsleistung teilweise deutlich besser ist, wenn die Abfragesituation die gleiche Umgebung wie die Lernsituation ist, z.B. war in einem Experiment von Schab 1990 das Erinnern von Informationen deutlich besser, wenn es sowohl beim Lernen als auch beim Abrufen dieser Informationen nach Schokolade roch.
Der „Sinn“ dieses Phänomens wird vielleicht klarer, wenn man den Menschen mehr aus historischer Sicht betrachtet - denn früher war es für die Menschen überlebenswichtig, bestimmte Informationen in bestimmten Situationen schnell zur Verfügung zu haben; man kann dies auch eine Vereinfachung nennen, denn das Umfeld bestimmt dann, welche Informationen schnell zur Verfügung stehen, man muß also nicht immer alle Informationen in jeder Situation neu bearbeiten und auf ihre Anwendung etc. untersuchen.
Wenn man z.B. Wissen lernt, sollte man also auch möglichst öfters mal die Situation wechseln, um den Einfluß des Umfeldes zu minimieren!
Oder anders ausgedrückt: Man sollte beim Lernen und Erinnern möglichst für den gleichen Kontext, das gleiche Umfeld sorgen, oder die gleichen geistigen Tätigkeiten ausführen!

Ich möchte z.B. den Inhalt eines Buches lernen - gibt es da allgemein eine Empfehlung, wie ich effektiver lernen kann?

Ja, es gibt da natürlich sehr viele Empfehlungen. Viele sind schon in anderen Fragen hier erwähnt, ich nenne daher nur noch eine allgemeine Empfehlung: Aus vielen Untersuchungen wurde beim Lernen (freies Reproduzieren) eine U-förmige Kurve bestätigt, d.h.: Die ersten und die letzten Informationen werden besser erinnert, als die mittleren Informationen. Für die Praxis bedeutet dies: Man muß beim lernen mehr Zeit und Arbeit einplanen, um die Informationen in der Mitte des Buches oder in der Mitte eines Schuljahres zu bearbeiten und zu lernen.

Stimmt es, daß man sich etwas desto besser merkt, je intensiver man sich damit beschäftigt?

Ja, das stimmt! Das kann man selbst ganz leicht überprüfen: Man nimmt sich zufällig ein Wort, z.B. Bienenhonig, das man erinnern möchte. Das wird in den nächsten Minuten noch gelingen, aber in ein paar Stunden? In ein paar Tagen? Es ist also doch recht schwer, sich an dieses Wort zu erinnern. Nun macht man sich einfach einmal ein paar Gedanken um dieses Wort - z.B. daß der Bienenhonig so gut schmeckt, daß man ihn jeden Morgen auf dem Brot ißt, oder das man eben noch über eine schöne Blumenwiese gegangen ist, und daß die Bienen ja auch daher diesen schönen Honig gewinnen.
Wenn man sich selbst bei diesen Überlegungen „beobachtet“, merkt man, wie um dieses Wort Bienenhonig herum „Fäden“ gezogen werden, Fäden oder Verbindungen zu anderen Themen und Wörtern, die man im Gedächtnis hat. Und je mehr Gedanken man sich um dieses Wort macht, desto mehr Verbindungen und Verzweigungen werden geknüpft.
Dieses Wort wird also immer mehr und immer besser in das bestehende „Netz“ von Informationen eingebaut, so daß man es immer leichter hinterher wiederfinden wird, weil es viele Verbindungen zu anderen Wörtern gibt, denn genau das ist ja der Punkt beim Lernen und Erinnern/Abrufen: Informationen werden meist garnicht vergessen, sondern „verloren“, weil man nicht mehr die Hinweisreize findet, die auf genau diese Information zeigen.

Gibt es ein paar Tips oder Strategien, um ungeordnete Informationen besser zu lernen?

Das Problem bei ungeordneten Informationen besteht darin, daß sie untereinander keinen Zusammenhang haben, und somit sind sie sehr schwer zu lernen.
Eine Möglichkeit ist das sogenannte elaborative Wiederholen, bei dem man sich selbst einen Zusammenhang zwischen den Informationen ausdenkt, oder sie in eine kleine Geschichte einsetzt.
Eine andere Möglichkeit ist, sich ein Bild von diesen Informationen zu machen, sie also in eine visuelle Szene hineinzusetzen, da man so zusätzlich noch den visuellen Speicher mitbenutzt.
Schon lange angewendet wird die sogenannte Loci-Methode, bei der man Informationen Plätzen bzw. Orten zuordnet - z.B. wichtige Gebäude oder Plätze auf dem alltäglichen Weg zur Arbeit bekommen je eine Information.
Oder man organisiert die Informationen neu, ein bekanntes Beispiel aus der Musik ist der Quintenzirkel: Die b-Durtonarten sind in folgender Reihenfolge der Quintschritte geordnet: F-B-Es-As-Des-Ges. Um sich dies besser merken zu können, hat man diese Buchstaben zu einem leicht merkbaren Satz kombiniert: Fiebrige Buben Essen Aspirin, Deshalb Gesund (auch wenn dieser Satz an sich sinnlos ist - oder vielleicht gerade deshalb kann man ihn sich so gut merken).

  Denken, Problemlösen

Manchmal hat man das Gefühl, daß man sich bei Urteilen nicht unabhängig verhält, sondern sich von den Vorgaben in der Frage beeinflußen läßt. Ist das nur Einbildung?

Nein, das ist keine Einbildung (aber natürlich kann es vereinzelt schon der Fall sein, daß dies auf Einbildung beruht - man sollte also nichts verallgemeinern).
Ein bekanntes Phänomem dessen ist in der Psychologie der Anker- Effekt. Dieser besagt, daß man sich beim Urteilen oft von ursprünglichen Annahmen bzw. Informationen leiten läßt. Die Probleme entstehen dann, wenn diese Informationen falsch oder zweifelhaft sind.
Dieser Ankereffekt ist ein „Verfahren“ von mehreren, die wir beim schnellen Urteilen ständig ausführen, denn Urteile müssen oft schnell gefällt werden, und dazu haben wir verschiedene Strategien, u.a. den Anker- Effekt. Um den Ankereffekt zu verdeutlichen noch ein Beispiel: In einer Untersuchung an etwa 1000 amerikanischen Studenten wurden ihnen verschiedene Fragen mit unterschiedlichen Ankern gestellt, z.B. wie hoch sie die Wahrscheinlichkeit für einen Atomkrieg einschätzen würden. Bei einem niedrigen Anker („Mehr oder weniger als 1%?“) schätzten die Studenten auf etwa 10%, bei einem hohen Anker („Mehr oder weniger als 90%?“) auf etwa 26% (nach: Zimbardo/Gerrig: „Psychologie“, 7. Auflage).
Um negative Ankereffekte zu minimieren oder zu vermeiden, sollte man also die ursrpüngliche Information, von der die eigenen Schätzungen ausgehen, realistisch überprüfen.

Was ist eigentlich ein „Problem“?

Probleme sind oft Diskrepanzen: Diskrepanzen zwischen dem, was man nicht weiß/kann und dem, was man wissen/können müßte.
Unser ganzes Leben besteht ständig aus Problemlösen, manchmal hört man den Satz, daß unser ganzes Leben nichts als ein einziges Problemlösen ist.

In der Psychologie unterscheidet man zwischen guten und schlechten Problemen - „gut“ und „schlecht“ nicht im Sinne von einfach oder schwer wie man es alltäglich versteht, sondern bezogen auf das Vorhandensein der grundlegenden Problemelemente.
Ein Problem wird auch beschrieben als ein sogenannter „Problemraum“, der die drei Elemente Ausgangszustand, Operationen, Zielzustand hat.
Ein gutes Problem ist somit ein Problem, in dem alle drei Elemente vorgegeben sind: Man weiß, wo man steht, man weiß, wo das Ziel ist, was man erreichen soll, und man hat die Mittel, die Operationen, zur Lösung des Problems - diese muß man nur noch richtig kombinieren und einsetzen.
Bei einem schlechten Problem sind nicht alle drei Elemente vorgegeben, und zur Lösung des Problems ist es daher erst einmal wichtig, das oder die Elemente, die fehlen, zu ergänzen.
Auch wenn dies jetzt sehr abstrakt klingt: Diese beiden Problemarten begegnen uns ständig im Alltag, ein Beispiel für ein schlecht definiertes Problem ist z.B. die Erfindung eines Mittels gegen Aids.

Kann ich meine Fähigkeit zum Lösen von Problemen verbessern?

Man kann auf jeden Fall bessere Strategien anwenden, neue Strategien erlernen.
Denn ein Problem ist oft so schwer zu lösen, weil es einfach die geistigen Fähigkeiten und Ressourcen übersteigt.
Daher muß man neue Methoden ansetzen: Zum einen kann man sich einen „Plan“ zur Lösung des Problems erstellen, indem man sich über die verschiedenen Schritte Gedanken macht.
Zum anderen sollte man überlegen, ob man nicht eine andere Repräsentation des Problems erfassen sollte, in der man in der Lage ist, das Problem zu bewältigen.
Ich nenne hier ein Beispiel, das dazu fast in jedem Psychologiebuch aufgeführt wird: Das Mönchproblem.
Ein Möch stieg an einem Morgen zu einem Pilgertempel auf einen hohen Berg, zu dem ein schmaler Pfad hinaufführte, der nur etwa einen halben Meter breit war.
Er ging unter unterschiedlich schnell, mal langsamer, mal schneller. Er machte auch öfter Pausen und aß von seinem Proviant oder Früchten, die am Wegrand wuchsen.
Am Abend, gegen Sonnenuntergang, erreichte er den Tempel auf dem Berg. Einige Tage später trat er den Rückweg an - er ging wieder morgens los, ging unterschiedlich schnell und machte einige Pausen. Insgesamt war jedoch seine durchschnittliche Geschwindigkeit beim Abstieg größer als die beim Aufstieg.
Und nun das Problem: Beweise, daß es auf seinem Weg EINEN Punkt gibt, den er beim Aufstieg und beim Abstieg genau zur selben Tageszeit erreicht!

Die meisten Personen kommen hier wenn überhaupt dann nur sehr schwer und mühsam auf die Lösung; vielleicht, weil das Wort „beweise“ irritiert und sie damit eher an eine mathematische Funktion und Begründung denken. Aber einen Beweis kann man ja auch auf andere Art und Weise erbringen, so ist dieses Problem viel einfacher, wenn man sich eine andere Repräsentation bildet, hier eine visuelle Repräsentation.
Denn wenn man sich den Auf- und Abstieg in einem Koordinatensystem als eine absteigende (Abstieg) und aufsteigende (Aufstieg) Linie aufzeichnet bzw. vorstellt, und auf der x-Achse die Zeit und auf der y-Achse die Höhe einträgt, dann ist es ganz klar ersichtlich, daß wenn eine Person von oben, die andere von unten kommt, es einen Punkt geben MUß, an dem sie sich treffen, da diese beiden Linien sich in genau einem Punkt schneiden!!

Was sind häufige Fehler beim Problemlösen?

Neben bereits in obiger Frage genannten Problemen der richtigen Repräsentation eines Problems treten weitere Fehler auf, wie z.B. die Funktionale Fixiertheit.
Dazu auch wieder ein Beispiel:
Man bekommt als Materialien zwei Kerzen, ein Stück Bindfaden, Reisbrettnadeln und eine Schachtel mit Streichhölzern mit der Aufgabe, eine brennende Kerze an einer Tür zu befestigen.
Ist das möglich?
Viele Personen versuchen hier, dies mit dem Bindfaden und den Reisbrettnadeln zu lösen, wobei sie sich schon in der Wahl der Mittel für den falschen Ansatz entschieden haben.
Denn zur Lösung des Problems muß man die Streichholzschachtel verwenden: Man entleert sie, befestigt sie mit Reisbrettnadeln an der Tür, und stellt darauf die Kerze, die man mit heißem Kerzenwachs auf ihr befestigt (siehe Skizze).
Das Problem der funktionalen Fixiertheit besteht also darin, daß man ein Objekt nur in der allgemein bekannten Funktion wahrnimmt - die Streichholzschachtel ist lediglich ein Behälter für Streichhölzer, aber das man deren Funktion ja auch ändern kann, darauf kommen viele Personen nicht oder recht spät, sie hantieren meist mit dem Bindfaden, weil ein Bindfaden ja meist auch diese Funktion hat, etwas festzuhalten oder -binden.

  Persönlichkeit

Ist Pessimismus und Optimismus wirklich in dem Charakter eines Menschen verankert und somit unveränderbar?

Ja und nein - sicher hat dies auch mit dem Grundcharakter eines Menschen zu tun. Aber unveränderbar ist dies sicher nicht! Denn oft entsteht Pessimismus (bzw. Optimismus) aufgrund von Umwelteinflüßen, also auch den Erfahrungen, die ein Mensch macht.
Pessimismus und Optimismus hängen sehr stark mit dem Leistungsmotiv zusammen, d.h. der Bereitschaft zur Leistung. Wenn man die Komponenten der Bewertung des Leistungsmotives auflistet, erhält man eine 4-Felder-Beziehung: Einmal kann man seine Leistung auf die Kontrolle zurückführen (internal und external) und dann auf die Situation (stabil und variabel).
Wenn man dann die Bewertungen ihrer Leistungen von Optimisten und Pessimisten vergleicht, so erkennt man ein gegensätzliches Muster: Wenn Pessimisten Mißerfolg haben, führen sie das zurück auf innere Ursachen, z.B. das man selbst nichts kann, das man „zu dumm“ dazu ist, sowie auf eine stabile Situation: Es wird sich nie etwas ändern.
Wenn Optimisten Mißerfolg haben, führen sie es hingegen auf äußere Ursachen zurück, z.B. Das man halt mal Pech hatte, daß die Prüfung unfair war, daß Lärm von draussen bei der Prüfung gestört hat, etc., sowie auf eine variable Situation: Nächstes mal werde ich mich merh anstrengen, werde ich mehr lernen.
Bei Erfolg dreht sich dieses Muster genau um (also führen Pessimisten Erfolg auf externe Ursachen zurück, z.B. auf Glück, Optimisten aber auf interne Ursachen wie die eigene Fähigkeit, das eigene Können).
Man sieht also, daß man genau an dieser Stelle eingreifen und verändern muß: An der Ursachenzuschreibung des eigenen Erfolgs/Mißerfolgs.

  Interessantes

Kann man sich auf Augenzeugen verlassen?

Vor Gericht haben Augenzeugen einen hohen Status - auch im Alltag wird die Aussage von glaubwürdigen Augenzeugen sehr geachtet.
Daher wird es jetzt sicher sehr erstaunlich klingen, daß man eigentlich Augenzeugen garnicht trauen sollte!!
Wieso das?
Dahinter steckt nicht die Boshaftigkeit von Augenzeugen, daß falsche zu sagen, nein, sie „können“ es einfach nicht besser!
Dazu ein Experiment aus der Psychologie, das dies deutlich darstellt:
Elizabeth Loftus (1979, 1992) teilte Personen in zwei Gruppen ein, die einen Film eines Autounfalls sahen. Beide Gruppen sollten nun schätzen, wie schnell die Autos in etwa waren, die Frage wurde jedoch unterschiedlich formuliert: Gruppe A wurde gefragt, wie schnell die Autos waren, als sie ineinander RASTEN, Gruppe B, wie schnell sie waren, als sie sich BERÜHRTEN. Gruppe A beurteilte die Geschwindigkeiten auf etwa 65km/h, Gruppe B auf etwa 50km/h.
Eine Woche später wurden die beiden Gruppen gefragt, ob sie in dem Film Glassplitter gesehen hätten - in dem Film waren jedoch keine zu sehen (!).
Von der Formulierung der Frage und dem Wort „rasten“ ließen sich jedoch soviele Personen beeinflussen, daß ein Drittel der Gruppe A angaben, das in dem Film Glassplitter zu sehen waren (in Gruppe B waren es nur etwa 15%).
Bei diesem  Versuch (und vielen weiteren in der Psychologie) sieht man deutlich, wie schnell und leicht die Erinnerung verzerrt werden kann.
Man darf daher vorsichtig die berechtigte Frage stellen, wie hoch man die generelle Glaubwürdigkeit von Augenzeugen vor Gericht ansehen sollte, bzw. wie man mit Augenzeugen umgeht - und ob man möglichen Verzerrungen entgegenwirken kann, z.B. durch eine wertfreiere Befragung!?

(c) 2002
Karsten Schäfer

eMail:
psychologie@
karstenschaefer.de

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